Fest der schönen Stimmen

Die „Freunde der Kölner Oper“ luden zum Belcanto-Schmaus

Das Fest der schönen Stimmen findet zumeist jährlich statt und bildet einen der Höhepunkte der Kölner Opernsaison. Das letzte Fest hat am Sonntag, dem 30.04.2017 im Staatenhaus stattgefunden. Schade, wenn Sie nicht dabei waren.

Auf dem Programm standen Höhepunkte aus dem französischen und italienischen Belcanto. Solisten waren die an allen Opernbühnen der Welt gefeierte südafrikanische Sopranistin Pretty Yende, der amerikanische Tenor Eric Cutler, ein gern gesehener Gast in allen renommierten Opernhäusern der Welt, und der russische Bariton Igor Golovatenko, der sich am Bolschoi-Theater in Moskau, aber auch an der Pariser Oper oder beim Glyndebourne-Festival einen Namen gemacht hat. Dazu Sarah Jo Benoot, Dino Lüthi und Henning Schulman aus der vergangenen WA von Lucia di Lammermoor.

Im Anschluss an den musikalischen Teil wurde im Rahmen einer Feier der “Offenbachpreis” verliehen. Der diesjährige Preisträger ist der junge österreichische Bariton Stefan Wolfgang Schwaiger, ein “Eigengewächs” aus unserem Opernstudio.

Es begleitete das Gürzenich-Orchester unter Claude Schnitzler. Die glanzvolle Veranstaltung war fast ausverkauft. Einen Bericht aus dem Opernfreund finden Sie hier:

Die „Freunde der Kölner Oper“ www.opernfreunde.koeln.de, welche mit ihren Beiträgen ganz wesentlich die jungen Sängerinnen und Sänger des „Internationalen Opernstudios“ der Oper Köln und damit die Aufführungen der „Kinderoper“ finanzieren, hatten zum Sängerfest eingeladen; nicht nur die Mitglieder, sondern auch zahlreiche Gäste füllten das StaatenHaus, die Interimsstätte der Kölner Oper, bis zum letzten Platz. Für diesen Dank der Oper an die Mitglieder brauchten diese ihr Kommen wahrlich nicht zu bereuen.

Die südafrikanische Koloratursopranistin Pretty Yende gab ihr Debüt an der Kölner Oper und eroberte die Herzen der Zuhörer im Fluge. Sie präsentierte sich in ihren Paraderollen, mit denen sie mittlerweile an der Met, an Covent Garden und den Opernhäusern in Wien, Berlin und Zürich Furore gemacht hat. Passend zu ihren wunderschönen Roben in Bordotrot und nach der Pause im strahlendem Hochzeitsweiß, welches der Dirigent mit sichtbarer Überraschung registrierte, sang sie im ersten Teil ihres umjubelten Gastspiels in Köln große Opernarien des französischen Fachs, während der zweite Teil Auszüge aus Donizettis Oper „Lucia di Lammermoor“ bot, natürlich auch Lucias berühmte Wahnsinnsarie am Schluss, nachdem Lucia in der Hochzeitsnacht ihren frisch vermählten Ehemann Arturo in einem Anfall von geistiger Verwirrung umgebracht hat.

Schon der Einstieg in das Konzert brachte mit der berühmten Arie „Ombre légère“ aus Giacomo Meyerbeers Oper „Dinorah“ eine Bravourarie zu Gehör, in der Pretty Yende mit ihrem warm timbrierten, üppigen Sopran die Schwierigkeiten halsbrecherischer Koloraturen mit einer Sicherheit, Leichtigkeit und Perfektion vergessen machte, die im Publikum atemlose Stille erzeugten. Die Arie der Juliette aus Gounods Oper „Roméo et Juliette“ und das Duett „Nuit d’hyménée“ an der Seite des amerikanischen Tenors Eric Cutler wurden zu einem Höhepunkt verinnerlichten, seelenvollen Gesangs, bevor dann im zweiten Teil des Abends Pretty Yende in der Paraderolle der Lucia die Zuhörer förmlich von den Sitzen riss.

Kongenial von Sascha Reckert an der Glasharmonika mit hohlen, sphärischen Klängen begleitet, gab sie in Darstellung und Gesang in ihrer berühmten Wahnsinnsarie ein bewegendes Portrait der unglücklich Liebenden, die durch die Intrigen ihres Bruders Enrico in geistige Umnachtung getrieben wird. Die Zuhörer folgten gebannt der packenden Interpretation Pretty Yendes, die noch einmal die große Musikalität und technische Perfektion ihres Gesangs zeigte, und ließen sich wie auch die Künstlerin selbst von geringen Störgeräuschen durch die Musik des nahegelegenen „Kölner Tanzbrunnens“, der zum Tanz in den Mai geladen hatte, in ihrer Konzentration nicht stören. Zu Recht wurde die junge Südafrikanerin nach dieser auch darstellerischen Glanzleitung mit frenetischem Jubel gefeiert. Pretty Yende dürfte im Augenblick wohl die „beste“ Lucia der Welt sein, fantastisch zu erleben, wie ihre Person durch Stimme, Bewegung und Mimik auch ohne Bühnenaufbau oder Requisiten die Szene beherrscht.

An Pretty Yendes Seite standen mit dem amerikanischen Tenor Eric Cutler und dem russischen Bariton Igor Golovatenko ebenfalls Ausnahmekünstler der Opernszene. In seiner Antrittsarie des Roméo aus „Roméo et Juliette“ („Ah! Léve-toi, soleil“) noch etwas verhalten, steigerte sich Cutler vor allem in dem den ersten Teil des Konzerts beschließenden Duett aus Georges Bizets Oper „Die Perlenfischer“ („Au fond du temple saint“) zu großer Form. Sein baritonal gefärbter Tenor verfügt über strahlende Spitzentöne und spricht auch im Piano wunderbar an.

Der russische Bariton Igor Golovatenko, ein in Moskau (Bolschoi-Theater), Paris, München oder Glyndebourne gefeierter Sänger, überzeugte mit samtener Mittellage, expressiver Höhe und profunder Tiefe in seinen Arien des Valentin aus Gounods Faust „ Avant de quitter ces lieux“ und des Enrico aus „Lucia di Lammermoor“ („Cruda funesta smania“). Sein Charakterbariton erinnert an die großen Sänger seiner Zunft wie Ettore Bastianini, Robert Merrill oder Pierro Cappucilli. Sara Jo Benoot, und Dino Lüthy aus dem „Internationalen Opernstudio“ der Oper Köln sowie der schwedische Bassist Henning von Schulmann komplettierten in den Ensembleszenen aus „Lucia di Lammermoor“ im zweiten Teil des Konzerts den illustren Sängerreigen.

Das Gürzenichorchester unter der einfühlsamen, die Sänger wunderbar unterstützenden Leitung von Claude Schnitzler zeigte sich in bester Spiellaune, der Chor der Oper Köln (Sied Quarré) setzte den funkelnden Perlen aus Opern des 19. Jahrhunderts weitere Glanzlichter auf. Das Publikum feierte alle Beteiligten mit standing ovations und geizte auch nicht mit großem Beifall, als die „Freunde der Kölner Oper“ im Anschluss an das Konzert den jungen österreichischen Bariton Wolfgang Stefan Schwaiger, seit dieser Spielzeit festes Ensemblemitglied der Kölner Oper, mit dem von ihnen gestifteten Offenbachpreis auszeichneten.

Mit diesem Preis ehren „Die Freunde der Kölner Oper“ jährlich ein junges Ensemblemitglied, das sich durch besondere schauspielerische und musikalische Leistungen ausgezeichnet hat. Da war es natürlich ein gelungener Abschluss dieses wunderbaren Abends, dass Pretty Yende, der gefeierte Star dieses Konzerts, ihrem jugendlichen Kollegen den Offenbachpreis in Form einer Goldnadel mit dem Portrait Offenbachs höchstpersönlich ans Revers steckte – und unter dem Gelächter des Publikums, als sie die offensichtlich sehr sicher geschützte Nadel partout nicht aus dem Kästchen herausbekam.

Fazit: Die Intendantin der Oper Köln, Frau Dr. Birgit Meyer, und die „Freunde der Kölner Oper“ können auf einen Opernabend stolz sein, der mit der Ausnahmekünstlerin Pretty Yende einen der ganz großen Opernstars der Zukunft präsentierte.

Norbert Pabelick, Michael Cramer 23.5.2017